Wie unterscheidet man Einrohr- von Zweirrohrheizungen?
Die Unterscheidung zwischen Einrohr- und Zweirrohrheizungen ist entscheidend für die korrekte Planung des hydraulischen Abgleichs und die Beurteilung der Anlageneffizienz. Beide Systeme haben unterschiedliche hydraulische Eigenschaften und etwas andere Berechnungsansätze.
Optische Unterscheidung
Zweirrohrheizung (Standard)
Zwei separate Rohrleitungen pro Heizkörper
Vorlaufleitung (warmes Wasser zum Heizkörper)
Rücklaufleitung (abgekühltes Wasser zurück zur Heizung)
Jeder Heizkörper hat einen eigenen Vor- und Rücklaufanschluss
Sichtbar: Zwei Rohre führen zu jedem Heizkörper
Einrohrheizung (seltener)
Eine einzige Ringleitung durchläuft alle Heizkörper (meist je Geschoss)
Heizkörper werden nacheinander durchströmt
Bypass-Leitung führt am Heizkörper vorbei
Sichtbar: Nur eine Hauptleitung, die von Heizkörper zu Heizkörper führt
Funktionale Unterschiede
Zweirrohrheizung
Funktionsprinzip:
Warmes Wasser fließt parallel zu allen Heizkörpern
Gleiche Vorlauftemperatur an allen Heizkörpern
Rücklaufwasser sammelt sich in separater Leitung
Individuelle Regelung jedes Heizkörpers möglich
Vorteile:
Gleichmäßige Wärmeverteilung
Optimale Regelbarkeit
Effiziente Nutzung der Vorlauftemperatur
Standard bei modernen Anlagen
Einrohrheizung
Funktionsprinzip:
Heizwasser durchströmt die Heizkörper nacheinander
Abnehmende Temperatur von Heizkörper zu Heizkörper
Bypass-Ventile regeln die Durchflussmenge
Ringleitung kehrt zur Heizung zurück
Nachteile:
Ungleichmäßige Wärmeverteilung
Letzter Heizkörper erhält kältestes Wasser
Schwierige Regelung
Höhere Vorlauftemperaturen erforderlich
Praktische Erkennungsmerkmale
Sichtprüfung am Heizkörper
Zweirrohrheizung:
Zwei Rohranschlüsse am Heizkörper sichtbar
Oft diagonal angeschlossen (oben Vorlauf, unten Rücklauf)
Thermostatventil am Vorlaufanschluss
Rücklaufverschraubung am anderen Ende
Einrohrheizung:
Ein Rohranschluss + Bypass-Leitung
Drei-Wege-Ventil oder Bypass-Verschraubung
Hauptleitung führt am Heizkörper vorbei
Ringleitung erkennbar
Prüfung im Heizungsraum
Zweirrohrheizung:
Separate Verteiler für Vor- und Rücklauf
Parallele Hauptleitungen zu den Stockwerken
Mischungskreise möglich
Einrohrheizung:
Eine Hauptleitung pro Heizkreis
Ringleitung kehrt zum Kessel zurück
Keine separaten Verteiler
Temperaturmessung als Nachweis
Test-Verfahren
Heizung voll aufdrehen
Vorlauftemperaturen messen an verschiedenen Heizkörpern
Bewertung der Ergebnisse:
Zweirrohrheizung:
Gleiche Vorlauftemperatur (±2°C) an allen Heizkörpern
Unterschiedliche Rücklauftemperaturen je nach Wärmeabgabe
Einrohrheizung:
Abnehmende Temperaturen von Heizkörper zu Heizkörper
Deutlicher Temperaturabfall entlang der Ringleitung
Auswirkungen auf den hydraulischen Abgleich
Zweirrohrheizung
Standardverfahren nach VdZ anwendbar
Individuelle Ventileinstellung pro Heizkörper
Präzise Berechnung der Volumenströme möglich
Optimale Effizienz erreichbar
Einrohrheizung
Spezielle Berechnungsverfahren erforderlich
Bypass-Ventile müssen berücksichtigt werden
Hydraulischer Abgleich deutlich komplexer
Begrenzte Effizienzsteigerung möglich
Berechnung derzeit mit EENetzwerk nicht vollständig möglich
Typische Baujahre
Einrohrheizung:
1950er-1970er Jahre (in Deutschland; teilweise auch bis 1990er)
DDR-Plattenbauten (teilweise bis 1980er)
Kostengünstige Erstausstattung
Zweirrohrheizung:
Standard ab 1990er Jahren
Alle modernen Anlagen
Sanierungen werden meist auf Zweirohr umgestellt
Empfehlung für die Praxis
Bei unklaren Verhältnissen empfiehlt sich:
Sichtprüfung der Heizkörperanschlüsse
Temperaturmessung an mehreren Heizkörpern
Prüfung der Rohrleitungsführung im Keller
Rücksprache mit Hausverwalter oder Heizungsbauer
Wichtig: Die korrekte Systemerkennung ist entscheidend für die Auswahl der richtigen Berechnungsmethode beim hydraulischen Abgleich und für die realistische Bewertung des Effizienzpotentials.